Hardenberg Gymnasium, Fürth
100 jähriges Baujubiläum
100 Jahre - Kaiserstraße 92
Ausstellung Otto Holzer,
Architekt des Hardenberg Gymnasium
vom 27.Juni bis 31.Juli.2012
Tafel 1 - 100 jähriges Baujubiläum
Zwischen 1870 und 1914 erlebte die Stadt Fürth einen großen wirtschaftlichen Aufschwung, der mit Bevölkerungswachstum und rasanter baulicher Entwicklung einherging. In diesem Zeitraum entstand der größte Teil der westlichen Innenstadt und der Südstadt.
Maßgeblich daran beteiligt war Stadtbaurat Otto Holzer, der Schulen, kulturelle Bauten, soziale Einrichtungen und öffentliche Gebäude schuf. Seine Architektur im Übergang von Neoklassizismus zum Jugendstil ergibt zusammen mit den umgebenden Wohnbebauungen eine Homogenität des Stadtbildes, das einzigartig in Deutschland ist.
Die Leistung, die damals in relativ kurzer Zeit erbracht wurde, nötigt auch heute noch Respekt ab. Nicht ohne Grund wurden seine Werke vom Freistaat Bayern in die Denkmalliste aufgenommen. Das aktuelle Fürther Stadtbild ist ohne die genannten Bauten nicht denkbar.
Eines der größten und bedeutendsten Werke von Otto Holzer ist der Neubau der damaligen Realschule an der Kaiserstraße - seit 1966 Hardenberg-Gymnasium. Auf einem rechteckigen Gelände erstreckt sich in fast U-förmiger Randbebauung das Hauptgebäude, die Turnhalle und das ehemalige Wohngebäude des Rektors, jeweils durch überdachte Gänge miteinander verbunden. Der Großteil des Grundstücks blieb damit frei und bildete einen geräumigen Pausenhof zur Kaiser- und zur Frauenstraße begrenzt durch einen Zaun aus Metallstäben und hohen Sandsteinsockeln. Turnhalle und Wohngebäude sind dem Haupt-bau stilistisch angeglichen. In der freien Ecke zwischen Turnhalle und Hauptgebäude, von einer Mauer entlang der Dr.-Beeg-Straße eingefasst, liegt ein botanischer Garten. Die Turnhalle ist zugleich als Festhalle der Schule konzipiert - ersichtlich an der Orchestermuschel, einer Bühnenrampe und einer auf Säulen ruhenden Galerie auf der gegenüberliegenden Seite.
Tafel 2 - Hardenberg-Gymnasium,
Kaiserstraße 1912
Die ehemalige Oberrealschule – seit 1966 mit heutigem Namen – hatte ihren Vorläufer in den 1833 eröffneten Kgl. Landwirtschafts- und Gewerbeschule. Der überaus stattliche, symmetrische Neubau von 1911/1912 spiegelt die Tendenz zu einem monumentalen Neuklassizismus in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg wider. Die Details sind freie Varianten barocker und frühklassizistischer Formen. Der Mittel-bau umschließt eine ungewöhnlich weiträumige Treppenanlage, mit je einem Mittel- und zwei seitlichen Läufen im Gegensinn zwischen den Geschossen.
Entwurf: Stadtbauamt, damals noch unter der Leitung von Otto Holzer; Ausführung Maurermeister Wilhelm Horneber. Die Turnhalle entwarf 1912 bereits Stadtbaurat Josef Zizler.
Tafel 3 & 4 - Berolzheimerianum,
Theresienstraße 1904 - 1906
Aus Anlass der bevorstehenden einhundertjährigen Zugehörigkeit Fürths zu Bayern stiftete der Bleistiftfabrikant Kommerzienrat Heinrich Berolzheimer (1836-1906) zusammen mit seinen Söhnen Emil und Philipp 1904 die Mittel zum Bau eines Volksbildungshauses im Sinne der von Bürgermeister Theodor Kutzer angestrebten Förderung der Erwachsenenbildung. Am 26. Mai 1906 wurde das Gebäude in Anwesenheit des Prinzen Ludwig (des späteren Königs Ludwig III.) eröffnet. Das Standbild des Prinzregenten Luitpold (von Wilhelm v. Ruemann) in der Nische am Vorbau wurde im Zweiten Weltkrieg beseitigt. Nach Kriegsschäden 1945 wurde das Gebäude 1950-1952 zum Teil vereinfacht wiederhergestellt.
Der nördlich der Unterführung der Schwabacher Straße markant aufragende Bau ist eine der Hauptleistungen des Stadtbauamtes der Ära Otto Holzers. Der asymmetrisch gruppierte Baukörper, der in mehreren Giebeln und (z.T. reduzierten) Dachaufbauten gipfelt, ist aus drei Teilen zusammengesetzt: An den großen Rechteckblock des Haupttraktes im Süden, der im Erdgeschoß Bibliothek und Lesesaal, im Hauptgeschoß den Vortrags- und Konzertsaal enthält, schließt sich über Eck an der Theresienstraße ein kleinerer Rechteckbau an, u.a. mit dem Erfrischungsraum des Saales; in dem Winkel zwischen beiden Blöcken ist der zurückspringende Eingangsbau eingefügt, mit getrennten Portalen zu Bibliothek und Saal, mit Vestibül, Haupttreppe und Saalvorraum. Die weit-räumige Treppenhalle wird von einer Kassettendecke mit Stuckdekor überspannt, die monumentale Treppe von einem wuchtigen Steingeländer begleitet. In der unteren Halle erinnert eine Gedenktafel an die Geschichte des Hauses und seinen Wiederaufbau, in der oberen Halle vor dem Saaleingang steht die Weißmarmorbüste des Stifters Heinrich Berolzheimer im Alter von 69 Jahren, eine signierte Arbeit von Johannes Götz. Der große Saal, mit Galerie an drei Seiten, Bühne und Flachtonne, hat seine originale Grundform bewahrt, während die Dekorationsmalerei unter dem Anstrich der Nachkriegszeit nur noch in Umrissen zu ahnen ist, also vielleicht wieder freigelegt werden könnte. Vor einigen Jahren wurde das Gebäude von der Comödie Fürth übernommen und wird nach aufwendiger Renovierung für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Tafel 5 & 6 - Nathanstift,
Tannenstraße 1907
Das ehemalige Wöchnerinnen- und Säuglingsheim (jetzt Hans-Böckler-Schule) stiftete Rechtsanwalt Alfred Nathan 1907 angesichts der überdurchschnittlich hohen Säuglingssterblichkeit in Fürth. Die Stiftung fiel 1948 der Währungsreform zum Opfer. Der malerische asymmetrische Zweiflügelbau nach Plänen von Otto Holzer (ausgeführt von Architekt Gutjahr) verbindet moderne Funktionalität mit einer mit historischen Elementen künstlerisch frei abwandelnden Gestaltung.
Der Eingangsbereich ist geprägt von einer bemerkenswerten Folge von Vorhalle, Vestibül und Haupttreppe. Das Gebäude ist außen und innen reichhaltig mit Skulpturen geschmückt, die Bezug zur Nutzung nehmen. So ist das Mutter und Kind Motiv mehrfach vertreten. Im Inneren sind Mosaikböden und -wände im Muschelgrottenstil prägend und erzeugen so eine überdurchschnittlich aufwendige Raumgestaltung. Das gilt insbesondere für den Gedächtnisraum im Erdgeschoß mit den von Johannes Götz geschaffenen Büsten aus weißem Marmor des Stifters Alfred Nathan und seiner Eltern Sigmund und Amelie Nathan.
Ein den hofseitigen rechten Flügel verlängernder Anbau von 1912/13 wurde 1967 durch einen modernen Erweiterungsbau ersetzt.
Tafel 7 & 8 - Schulhaus,
Pestalozzistraße 1905
Das Schulhaus wurde auf freiem Feld zwischen Fürth und Poppenreuth errichtet. Die Ursache für diese ungewöhnliche Lage war wahrscheinlich die Absicht der Stadt Fürth den Vororten Kronach, Ronhof und Poppenreuth eine Eingemeindung schmackhaft zu machen. Die Lage der Schule zwischen altem Ludwigskanal und den Pegnitzwiesen war für eine Stadtschule nahezu idyllisch. Das Stadtbild Fürths war noch nicht von den heutigen Vorortsiedlungen und Gewerbegebieten gekennzeichnet. Der nahe Kanalhafen war im Sommer Bad und im Winter Eislaufplatz. Benannt ist die Schule nach Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827), einem Schweizer Pädagogen, der die Förderung der Volksbildung, die in der Epoche der Aufklärung geboren wurde, zu seinem Lebensinhalt gemacht hat.
Die Schule stellt einen in der damaligen Zeit modernen Typ dar, wie er um die Jahrhundertwende vor allem in München von Theodor Fischer entwickelt worden war. Der Kontrast wird im Vergleich zu den wenig älteren Schulen an der Pfisterstraße, Schwabacher Straße und dem Heinrich Schliemann-Gymnasium in der Königsstraße – alles symmetrische Neurenaissancebauten – deutlich. Den großflächig verputzten Außenbau, weithin ohne plastische Binnengliederung, prägen freie abgewandelte Elemente der deutschen Renaissance. Kanten und Giebel sind durch kräftiges unregelmäßiges Rustikaquaderwerk betont. In den hofseitigen Fachwerkgiebeln kommt die heimatstilige Komponente zum Ausdruck.
Tafel 9 & 10 - Schulhaus,
Frauenstraße 1909
Der malerisch-asymmetrisch gruppierte Komplex von Schule und Bad gehört zu den typischen Schöpfungen der Ära des Stadtbaurates Otto Holzer, in denen sich moderne Funktion und frei variierte historisierende Elemente (hier Anklänge an Barock und Frühklassizismus) verbinden. Angestrebt wurde eine Synthese von Zweckhaftigkeit, künstlerischem Aufwand, würdiger Repräsentation und menschlicher Atmosphäre. Dominierend sind die stimmungsvollen gewölbten Steildächer mit Hohlziegeldeckung.
Das Schulhaus ist als Doppelanlage für Mädchen und Knaben konzipiert und besitzt dementsprechend an beiden Enden identische Vestibüle mit Stufen und reichem Rauhputzdekor. Rauhputzdekor – ein vor allem von Theodor Fischer in seinen Münchner Schulbauten angewandtes Gestaltungsmittel – findet sich auch in den Felderdecken der Eingangshallen und in den Treppenhäusern. Die massiven Treppengeländer werden von kleinen Öffnungen mit Spiralgittern durchbrochen.
Im heute nicht mehr genutzten Bad sind bemerkenswerte Innenräume mit Ausstattung erhalten. In der Mitte liegt das querovale, flach überkuppelte Vestibül mit Windfang, hölzernem Kassenhäuschen gegenüber und Wandverkleidung mit Kieseln, Muscheln und Schneckenhäusern.
Der ehemalige Baderaum ist eine dreischiffige gewölbte, reich verkleidete Pfeilerhalle, die dem Grottenwerk der Renaissancezeit entliehen ist. Im Dachgeschoß darüber ist die Turnhalle mit Bogenbindern und hölzerner Felderdecke untergebracht, die durch einen gewölbten Gang mit der Schule verbunden ist.
Als Vestibül (v. lat.: vestibulum = Vorplatz, Vorhof, Vorhalle) bezeichnet man in der Neuzeit eine repräsentative Eingangs- oder auch Treppenhalle. Im antiken Rom wurde mit Vestibulum zunächst der geschmückte Platz zwischen Straße und Haustür vornehmer Häuser bezeichnet. In der späten Römerzeit ging der Begriff auf den Raum zwischen Haustür und Atrium über.
Tafel 11 - Helene-Lange-Gymnasium,
Tannenstraße 1906 - 1909
Die ehemalige Höhere Töchterschule, jetzt Helene-Lange-Gymnasium, ist ein zweigeschossiger historisierender Gruppenbau in rotem Sandstein mit malerischer, ausgebauter Dachzone in Form eines Mansarddachs mit Zwerchgiebeln.
Der mit drei Flügeln einen Hof umschließende, vom Stadtbauamt entworfene Komplex (Pläne im Juli 1906 unterschrieben von Stadtbaurat Otto Holzer, Statik von Gutmann) entstand in zwei Abschnitten: 1906/07 wurde die Nordhälfte mitsamt der sich an der Otto-Seeling-Promenade anschließenden terrassengedeckten Turnhalle erbaut, 1908/09 folgte der winkelförmige Südteil neben dem Nathanstift. Das über die Eigenart der städtischen Bauten der Ära Holzer Gesagte gilt im Grunde auch für die Töchterschule. Die Bauplastik schuf der namhafte Münchener Bildhauer Josef Köpf, u.a. Figuren über dem Portal (Mädchen mit Laute) und an der Südostecke.
Tafel 12 - Stadtsparkasse (jetzt VHS),
Hirschenstraße 1909 - 1910
Die ehemalige Stadtsparkasse, jetzt ein städtisches Amtsgebäude, ist ein stattlicher Eckbau mit historisierender Sandsteinfasse.
In der künstlerisch überzeugenden Synthese verschiedener architektonischer Strömungen des beginnenden 20. Jhs. und an sich widersprüchlicher Gestaltungsmittel ist dieses Gebäude ein charakteristisches Beispiel kommunalen Bauens aus der Ära des bedeutenden Baurates Otto Holzer. Die malerisch-asymmetrische Gruppierung verbindet sich mit neuklassizistischer Monumentalität, traditionelle Stilzitate, wie die schwere Erdgeschoßrustika, der heimatstilige Polygonalerker und das Mansarddach, sind mit modernen vertikalen Fenstergruppen kombiniert.
Herausstechend ist das ovale Treppenhaus, welches jedoch bereits erneuert wurde. In einem Vorraum im Erdgeschoß links befindet sich ein hölzener Innenerker mit zwei Schnitzfiguren; im 1. Stock ein polygonales Vestibül mit Rankenmalerei und den Wappen der Regierungsbezirke Bayerns an der Wölbung.
Tafel 13 Eichamt, Helmplatz 1907 &
Feuerwache, Königstraße 1907
Das den Helmplatz östlich abschließende Gebäude, entstanden an der Stelle eines um 1700 durch den Fischer Hans Jakob Dreßl erbauten Wohnhauses, ist ein qualitätvolles Beispiel für den späten reduzierten Historismus, der traditionelle Gestaltungselemente frei abwandelt und z.T. monumentalisiert, während andererseits der Baukörper durch Abweichungen von der Symmetrie malerisch aufgelockert werden soll. In diesem Sinn wirkt auch die offene Eingangsvorhalle rechts, die mit einer niedrigen Brüstungstür abgeschrankt ist. Im Erdgeschoß enthält der Bau eine Feuerwehrremise, im 2. Obergeschoß eine Turnhalle.
Der nach malerischen Prinzipien asymmetrisch komponierte Gruppenbau in historischen Formen beherbergte außer Gerätehalle und Pferdestall Verwaltungs- und Melderäume (im Eckpavillon), ferner in den Obergeschossen Dienstwohnungen für den Rektor der Helmschule, den Bürgermeister, den Brandmeister, den Kommandanten und für die Kutscher sowie Mannschaftsräume. Den Entwurf fertigte wahrscheinlich Architekt Georg Groß, die Projektzeichnungen wurden – dem Stadtbauamt 1907 zur Prüfung und Bauerlaubnis vorgelegt – von Stadtbaurat Otto Holzer unterzeichnet.
Tafel 14 Pflasterholzhaus, Billinganlage 1902 &
Gaswerk, Leyher Straße 1903 - 1906
Der zentrale Verkehrsknotenpunkt am Brückenkopf westlich der Altstadt jenseits der Rednitz wurde gegen 1865 mit einer Grünanlage ausgestattet und nach dem Kaufmann und Stifter Adam Friedrich Billing (1747-1824) benannt. Die Billinganlage wurde seitdem jedoch aus Verkehrsgründen mehrfach verändert bzw. reduziert.
Das ehemalige Kontrollhaus für Pflasterzoll ist ein freistehender kleiner neubarocker Walmdachbau mit niedrigen Mansardendachflügeln. Der auch als Wartehalle und WC dienende anmutige Pavillon ist eine charakteristische Schöpfung des Stadtbaurates Otto Holzer, der im Sinne des Heimatschutzgedankens auch Zweckbauten mittels Anwendung zeitloser traditioneller Formen Atmosphäre zu verleihen verstand. Der kleine Bau entstand als Ersatz für ein weiter östlich beim Schlachthof gelegenes Pflasterzollhaus. Es ist zurzeit ohne Nutzung.
Das städtische Gaswerk an der Leyher Straße ersetzte das 1858 gegründete Gaswerk an der Theresienstraße. Der Komplex aus historisierenden Putzbauten besteht u.a. aus einem viereckigen Wasserturm mit Zeltdach, dem dreigeschossigen Verwaltungsgebäude mit Zwerchhaus und Kaminköpfen.
Nach der Aufgabe der Gasproduktion und Abbruch der Gaskessel konnte auf den freiwerdenden Flächen durch die Infra Fürth ein neues Werkstatt- und Verwaltungsgebäude errichtet werden.
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